"... und bis wir uns wiedersehen"
Als sie mich riefen, wussten wir nicht, ob die liebe Frau, die ich schon lange kannte, mich noch erkennen würde. Aber sie richtete sich sogar auf und freute sich. Wir haben gebetet und ich habe ihr den Sterbesegen zugesprochen. Wir hatten das Gefühl, dass sie danach viel ruhiger und gelöster war.
Inzwischen ist sie beigesetzt. Am Grab habe ich ihr den Segen noch einmal zugesprochen, einen alten Segen aus dem 5. Jahrhundert *, den ich mit den irischen Segensworten ergänze: "... und bis wir uns wiedersehen, halte Gott Dich im Frieden seiner starken Hand."
In der Regel werden wir Pastoren von den Bestattern gerufen, wenn jemand bereits verstorben ist. Das ist auch gut so. Aber wir kommen auch zur Aussegnung, wenn jemand gerade verstorben ist. Für die Angehörigen ist das offensichtlich ein großer Trost. Doch wir werden nur selten gerufen.
Manchmal wurde ich doch zu Sterbenden gerufen. Wenige Male auch schon Wochen vor ihrem Tod. Vor vielen Jahren habe ich sechs Wochen lang einen Sterbenden immer wieder besucht und mit ihm über seine Ängste und seine Hoffnungen, über den Tod und über sein Leben gesprochen. Wir haben auch seine Beerdigung besprochen. Für mich war das eine sehr intensive Zeit und er ist mir zu einem Freund geworden in diesen Wochen. Kurz vor seinem Tod habe ich ihm dann auch den Sterbesegen erteilt.
Wir Christinnen und Christen haben eine starke Hoffnung über den Tod hinaus. Ja, wir müssen gar keine Angst vor dem Tod haben. Und doch haben wir Angst, ob als Sterbende oder als Angehörige. Ich habe immer wieder erlebt, wie gut es dann tut, wenn der Pastor kommt und diese Nähe Gottes durch Segen und Gebetein wenig spürbarer werden lässt.
Darum, wenn Sie miterleben, wie jemand im Sterben liegt, dann machen Sie den Anghörigen Mut, uns zu rufen, bei Tag oder bei Nacht. Wir kommen zur Sterbebegleitung oder um mit den Angehörigen den Verstorbenen auszusegnen.
Möge Gott Ihnen nahe sein, aber der Tod Ihrem Haus noch lange fern bleiben.
Pastor Sebastian Ritter