Predigt
Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.
Haben Sie auch ein Stück Seil oder Schnur zur Hand? Nehmen Sie es einmal zur Hand und halten es fest. Ein Seil verbindet, von einer Hand zur anderen Hand. Wenn Sie heute nicht alleine feiern, werfen Sie sich gegenseitig ein Ende ihres Seils zu, damit alle miteinander verbunden sind.
Stell die Verbindung her. Heute an Gründonnerstag feiern wir miteinander Abendmahl. Es verbindet uns miteinander, auch wenn wir nicht am selben Ort feiern, feiern wir doch miteinander verbunden. Es ist schön, endlich mal wieder Abendmahl zu feiern. So lange kein Abendmahl. Das habe ich sehr vermisst. Das hätte ich nie gedacht, dass ich das so vermissen würde. Am Gründonnerstag erinnern wir uns an das erste Abendmahl. Und feiern es darum immer ganz bewusst und besonders.
Wir Wie Ihr Zuhause das wohl heute feiert? Alleine oder mit einigen Menschen aus eurer Familie? Ob Ihr vorher miteinander gegessen habt? So wie Jesus und seine Jünger?
Vielleicht mag nun jemand den Predigttext vorlesen?
Matthäus ist dran. Der Text erzählt, wie Jesus zum letzten Mal gegessen hat, als er mit seinen Jüngern das Pessach feierte, das Fest zur Erinnerung an die Befreiung aus Ägypten.
(Matthäus 26) 17Aber am ersten Tag der Ungesäuerten Brote traten die Jünger zu Jesus und sprachen: Wo willst du, dass wir dir das Passalamm zum Essen bereiten? 18Er sprach: Geht hin in die Stadt zu einem und sprecht zu ihm: Der Meister lässt dir sagen: Meine Zeit ist nahe; ich will bei dir das Passamahl halten mit meinen Jüngern. 19Und die Jünger taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und bereiteten das Passalamm.
20Und am Abend setzte er sich zu Tisch mit den Zwölfen. 21Und als sie aßen, sprach er: Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten. 22Und sie wurden sehr betrübt und fingen an, jeder einzeln zu ihm zu sagen: Herr, bin ich’s?
23Er antwortete und sprach: Der die Hand mit mir in die Schüssel taucht, der wird mich verraten. 24Der Menschensohn geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben steht; doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre.
25Da antwortete Judas, der ihn verriet, und sprach: Bin ich’s, Rabbi? Er sprach zu ihm: Du sagst es.
26Als sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib.
27Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus; 28das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.
29Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich aufs Neue davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich. 30Und als sie den Lobgesang gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg.
Wenn wir im Gemeindehaus der Johanneskirche Tischabendmahl gefeiert haben, dann war dort die Szene mit den biblischen Erzählfiguren aufgebaut. Ein langer Tisch, die Jünger rundherum, reich gedeckt. Die Erzählung bei Matthäus führt uns das vor Augen, wie sie zusammen gesessen haben, das Lamm aßen und Jesus sich noch einmal satt gegessen hat, zum letzten Mal. Und dann nahm er das Brot und den Kelch.
Viermal wird uns in der Bibel diese Szene erzählt, bei Matthäus, Lukas, Markus und bei Paulus. Und immer geht es um den Bericht vom letzten Mahl Jesu und um die Anleitung, wie wir späteren Tischteilnehmer feiern sollen.
So richtig fröhlich war dieses Pessach wohl nicht. „Meine Zeit ist nahe“ sagt Jesus am Anfang, „Ich habe nicht mehr viel Zeit“. Und dann mitten beim Essen die Ankündigung des Verrats durch Judas. Die Einsetzung des Abendmahls gehört hier hinein in diesen Abend vor der Kreuzigung. Das Abendmahl verbindet uns mit Kreuz und Tod Jesu.
(Macht ein Kreuz aus dem Seil.)
Das sagen ja schon die Einsetzungsworte selbst: 26Als sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib.
Ja, und dann heißt es beim Kelch: 27Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus; 28das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden. Was haben diese Worte für theologische Streitigkeiten ausgelöst.
In der katholischen Kirche wird die „Realpräsenz“ gelehrt, ja sogar die Transsubstantiation, die Verwandlung. In der Messe wird an einer Stelle ein Glöckchen geläutet und dies ist der Moment, in dem sich das Brot und der Wein verwandelt. Eine eigenartige Vorstellung.
Mein katholischer Priester aus Kindertagen (ich stamme aus einer ökumenischen Gemeinde mit einem evangelischen Pfarrer und einem katholischen Priester, die damals im selben Haus lebten und bis heute gut befreundet sind) hat mir erzählt, dass er als Kind noch vor den großen Reformen des 2. Vatikanischen Konzils gelernt hat, man dürfe die Oblate beim Abendmahl nicht kauen, sonst würde nach der Verwandlung Blut herausspritzen. Man muss sie daher einspeicheln, und dann, wenn sie ganz weich ist im Stück herunterschlucken.
Heute lehrt die katholische Kirche das nicht mehr. Das ist gut, man bekommt dadurch ja den völlig falschen Eindruck als seien wir Kannibalen oder so.
Matthäus berichtet einer judenchristlichen Gemeinde. Beim letzten Mahl in Jerusalem saßen auch nur Juden zusammen. Die Vorstellung, man würde Juden erklären, dass sie jetzt Blut trinken ist völlig abwegig, das kann damit nicht gemeint sein. Schauen wir nochmal hin. Sie essen. Dann nimmt Jesus Brot, bricht es, teilt es aus, sagt ihnen, sie sollen essen. Und dann, wenn alle das Brot haben und vielleicht es schon essen, sagt er: Dieses ist mein Leib. Im Griechischen ist noch deutlicher, dass damit nicht das Brot selbst gemeint ist. Genauso beim Kelch. Bei jüdischen Festen war und ist es üblich, dass jeder und jede einen eigenen Becher hat. Hier nicht. Jesus nimmt seinen Becher, gibt ihn herum und sagt, dass alle daraus trinken sollen. Und während der eine Becher herum geht (oder nachdem alle daraus getrunken haben), sagt er, dass dieser Kelch – und nicht der Wein – der neue Bund ist.
Realpräsenz finde ich aber als Wort gar nicht schlecht. Christus ist real präsent. Er ist wirklich da und gegenwärtig. Nicht im Brot oder im Wein oder Saft, sondern dann, wenn wir gemeinsam das Brot teilen und den Wein trinken. Und ich freue mich auf die Zeit, in der wir wieder gemeinsam in der Kirche aus einem Kelch trinken können.
Wir sind beim Abendmahl mit Christus verbunden. Wirklich und echt. Und wenn ich mir den Text dazu nochmal ansehe, dann sogar auf zweierlei Weise. In zwei Richtungen sozusagen. Gott ist bei uns, wenn wir miteinander feiern und wir schon bei ihm. Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich aufs Neue davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.
Das Abendmahl ist auch Vorgeschmack aufs Himmelreich. Vielleicht könnte man sogar sagen, es ist schon ein Stück Reich Gottes. Wir sitzen heute abend mit ihm an einem Tisch. Gott feiert mit und wir haben schon Anteil an seinem Fest.
Wie wohl Ihr Tisch Zuhause heute Abend aussieht? Haben Sie Oblaten bereitliegen? Oder haben Sie ein Brot gekauft oder gebacken? Oder Fladen? Bei uns hier liegt ein leckeres Brot bereit, dass wir miteinander teilen werden. Ganz unterschiedlich, mit Brot oder Oblaten oder Fladen, mit Saft oder Wein werden wir heute miteinander feiern. Verbunden mit all denen, die heute Abendmahl feiern, verbunden mit Christus, verbunden mit seinem Tod am Kreuz und mit dem Himmelreich, in das er uns dann vorangegangen ist.
Ich mache mir einen Knoten in mein Seil. Abendmahl als Verbundensein, das möchte ich von heute mitnehmen und festhalten.
Amen.